Schuppen und Lamellen
Seit die Menschen der Vor- und Frühgeschichte damit begannen, ihre Körper im Kampf gegen die Wirkung der Waffen des Gegners zu schützen, verfolgt die Rüstung bis heute das gleiche Ziel. Die besonders anfälligen und damit schützenswerten Körperteile haben sich in Laufe der Jahrtausende nicht verändert, sehr wohl aber die technischen Möglichkeiten, diese zu schützen.
Seit jeher stehen die Erfinder und Konstrukteure von Rüstungen vor einem grundsätzlichen Problem: Materialien, die geeignet sind, die Wirkung einer Waffe, einen stumpfen Schlag, einen Schnitt oder einen Stich effektiv abzuwehren, müssen entsprechend widerstandsfähig sein. Diese Widerstandsfähigkeit ist bis in die Neuzeit deutlich mit einem Mangel an Flexibilität verbunden. Moderne Materialien verbinden eine beeindruckende Schutzwirkung mit minimalem Gewicht und höchstem Tragekomfort. Eine aktuelle Schutzweste aus Materialien wie Kevlar bieten ihrem Träger abhängig von ihrem Aufbau Schutz vor Schlägen, Schnitten, Stichen und sogar vor Geschossen. Dabei bestehen sie aus textilähnlichem Material, das vielseitig zu verarbeiten sowie vergleichsweise angenehm zu tragen ist und den Träger nur minimal in seiner Bewegungsfreiheit einschränkt. Derartige Materialien und Fertigungsmethoden finden sich jedoch erst seit dem 19. Jahrhundert. Die Ritter des Mittelalters und der vorangehenden Epochen konnten von dieser Eigenschaftspaarung meist nur träumen.
Erste Rüstungen bestanden aus den Materialien, welche die Natur ihren Erfindern zur Verfügung stellte. Leder, Baumrinde, Tierknochen, Holz, Bambus, alles was regional verfügbar und für seine Zähigkeit bekannt war, wurde im Rahmen handwerklicher Möglichkeiten genutzt. So widerstandsfähig diese Materialien auch sein mögen, sie sind vor allen Dingen unflexibel. Entsprechend war es kaum möglich, komplette Rüstungen aus Baumrinde oder aus Knochen zu fertigen dem Träger wäre es fast unmöglich gewesen, auch nur einen Schritt zurückzulegen, geschweige denn in ihnen zu kämpfen. Eine Lösung bot alleine die Kombination aus flexiblen Materialien mit geringer Schutzwirkung und weniger flexiblen mit hoher Schutzwirkung. So wurden zum Beispiel Holzstäbe oder Knochen auf aus Leder gefertigten, später auf textilen Kleidungsstücken befestigt, um deren eigene Widerstandsfähigkeit zu erhöhen.
Die Fortschritte in der Textilherstellung und -verarbeitung verliehen auch optisch einfacher Kleidung durch eine Fertigung aus mehreren Lagen und eingenähter Polsterung eine gewisse Schutzwirkung, diese war jedoch nur sehr begrenzt und diente meist als tragende Basis oder Ergänzung in Verbindung mit einer Rüstung aus Metall.
Kleinteilig, flexibel, sicher
Die zunehmende Verwendung von Metallplatten zur Fertigung von Rüstungsteilen erhöhte deren Schutzwirkung deutlich. Abhängig vom jeweiligen Entwicklungsstand des Handwerks des Rüstungsschmieds zeichneten sich solche Plattenrüstungen zumindest anfänglich vor allen Dingen durch enormes Gewicht aus und schränkten den Träger oft deutlich in seiner Bewegungsfreiheit ein. Eine komplette Plattenrüstung war nicht nur für damalige Verhältnisse unvorstellbar teuer, sie war für den Kampfeinsatz auch wenig praktisch.
Schuppenpanzer und Lamellenpanzer gehen vor diesem Hintergrund bereits seit etwa dem 16. vorchristlichen Jahrhundert einen grundlegend anderen Weg. Die ersten Schuppenpanzer können Historiker und Archäologen der Zeit der alten Ägypter zuordnen. Sie bestanden aus zahllosen Bronzeplättchen, die schuppenförmig auf textiler Kleidung oder auf einem Lederpanzer befestigt wurden. Wahlweise wurden sie mit diesen vernäht oder auch vernietet. Diese charakteristische und namensgebende Fertigungsweise kombinierte die Schutzwirkung des Metalls mit einem Aufbau, der durch das freie Überlappen der einzelnen Plättchen eine geschlossene Fläche bildete. Sie konnte zum Beispiel den gesamten Oberkörper bedecken. Andererseits erhielt sie durch die kleinteilige Struktur Flexibilität und bewahrte die Bewegungsfreiheit des Trägers deutlich besser, als dies bei vergleichbar widerstandsfähigen Materialien und Fertigungsmethoden der Fall war.
Weite Verbreitung erfährt der Schuppenpanzer durch Griechen und Römer, die Bronze als bevorzugtes Material zunehmend durch Eisen ersetzten. Der Schuppenpanzer blieb bis ins Frühmittelalter eine beliebte Rüstung einzelner Waffengattungen und Truppenteile des römischen Heeres. Im Hochmittelalter wurde er jedoch weitgehend vom Kettenpanzer verdrängt.
Der Lamellenpanzer unterscheidet sich vom Schuppenpanzer in einem wesentlichen Merkmal: bei ihm sind die einzelnen Metallplättchen nicht auf einem Träger, einem Kleidungsstück aus Textil oder Leder, befestigt, sondern untereinander, überlappend mit Fäden verbunden. Sie bilden so ein eigenständiges Kleidungsstück.
Der Lamellenpanzer hat seinen Ursprung nach Erkenntnissen der Forschung in China, im 14. Jahrhundert v. Chr. und kam durch die Römer ebenfalls nach Europa. Hier wurde er bis etwa zur zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts genutzt, bis auch er vom Plattenpanzer verdrängt wurde.
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